Nicht am Gras ziehen, damit es schneller wächst

Oder:  „Was ein Kind mit einem Jahr schon alles können muss!“

In unserer Gesellschaft hat es sich mittlerweise etabliert, Kinder möglichst früh selbständig zu machen. Wie fatal!! Wir sprechen bereits vom kompetenten Säugling und: „Kindern darf mal schon mal was zutrauen!“
„Kinder unter 7“ sind aber die Kleinsten in unserer Gesellschaft und von ihnen wird am meisten  abverlangt, denn sie sollen möglichst schnell selbständig werden. Je früher wir damit anfangen desto besser.

Die Entwicklungspsychologie und Bindungsforschung sagt da aber was ganz anderes und ich persönlich empfinde es als richtig traurig, dass wir uns unsere Fürsorglichkeitsgefühle abtrainieren sollen! Die Natur hat es nämlich ganz anders vorgesehen und verfolgt einen wunderbaren Plan.

Wir als Erwachsene übernehmen die volle Verantwortung und Führung für unsere Kinder, weil sie uns als Orientierungsgeber, als Wertevermittler und als „sicheren Hafen“ brauchen, wo sie getröstet werden und emotional wieder auftanken können. Leider geben viele Eltern die Führung viel zu schnell und zu früh ab oder Pädagogen drängen zur schnellen Selbständigkeit. Nebenbei: Letztere Erwachsenengruppe muss das wohl auch, denn “ eine Kita muss funktionieren“.

WENN WIR JEDOCH ALLZU FRÜH AM GRAS ZIEHEN, BLIEBT DIE REIFWERDUNG AUF DER STRECKE!

Viele Kinder werden zwar älter, aber nicht erwachsen/ reif.
Ein Schultest, zum Beispiel,  prüft nicht das Resilienzvermögen eines Kindes, damit es auch mit Misserfolgen umgehen kann oder ob ein Kind genügend sicher und stark an seinen Hauptbindungspersonen gebunden ist, um den langen Schulalltag zu überstehen.

So sind zwar viele Kinder sehr gebildet und intelligent, jedoch unreif,  weil sie zu früh in die Selbständigkeit gedrängt worden sind ( und Dinge lernen, für die sie noch in der Schule Zeit hätten…).

Die Folgen einer allzu frühen Übergabe der Verantwortung an die Kinder und einer zu frühen Fokussierung auf die Sozialisation der Kinder sind, dass wir immer mehr „Alpha-Kinder“ vorfinden, die sich nicht mehr führen lassen und sich nichts mehr sagen lassen wollen, es besser wissen und eventuell auch keine Nähe mehr zulassen können.

DESHALB: Unabhängigkeit kann nicht „gemacht“ werden, sie entsteht, wenn die Zeit reif dafür ist!
UND: Abhängig sein ist die Voraussetzung dafür, dass überhaupt Selbständigkeit entstehen kann, so paradox es auch klingen mag.